Festive 500 an einem Tag

Simon Matros gelingt zur Weihnachtszeit eine besondere Leistung

Wer auf Zwift unterwegs ist, der kennt natürlich das Gefühl, sich hier und da auch mal quälen zu müssen. Das gehört dazu und ist vermutlich die Essenz des Sporterlebnisses, das wir auf Zwift suchen und nach Belieben finden können. Manche Rennen fordern uns alles ab, was wir leisten können. Manche Ausdauerrides sind eine Probe für den eigenen Willen. Und wenn einem nach einem Aufstieg am Alpe de Zwift das Gesäß und die Beinmuskeln schmerzen, dann nimmt man das gerne in Kauf, denn der Stolz auf die erbrachte Leistung steht ja im Vordergrund. Was aber Simon Matros aus dem Team Wattlöwen in den Weihnachtstagen geleistet hat, übersteigt die uns vertrauten Erfahrungen um einige Dimensionen. Simon ist die Herausforderung Festive 500 gefahren -  und zwar am Stück! Und weil das so beeindruckend ist, haben wir ihm zu diesem Event ein paar Fragen gestellt.

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Team Wattfabrik: Hast Du so lange Fahrten vorher schon mal gemacht? 

Simon Matros: Von der Distanz her war das meine längste Aktivität. Ich bin schon einige Brevets gefahren, mein längster ging über gut 400km, der hatte dafür aber auch über 4000 Höhenmeter. Reine Fahrzeit waren damals gute 16 Stunden, also gut 2 Stunden länger als jetzt bei der Festive500 Challenge. Im Mai 2020 wollte ich das Everesting an unserem Hausberg der Region machen, Kälte und Nässe haben mir aber einen Strich durch die Rechnung gemacht, nach knapp 4 Stunden und 2000 Höhenmetern musste ich als Eisklumpen den Heimweg antreten. Das hat mich dann so geärgert, dass ich direkt 2 Tage später auf der Rolle saß, und knapp 70x den Box Hill in London hoch bin. Das waren knapp 17 Stunden Zeit in Bewegung. Ich hatte zu der Zeit noch einen Wheel-On Rollentrainer, der Steigungen nur bis 7% simulieren konnte, daher war die Auswahl des Berges sehr begrenzt. 2021 wollte ich es dann noch einmal wissen, und den „Amplebener Berg“ im Elm in der Nähe von Braunschweig hoch (1,6km mit gut 8%). Bis zum Harz findet man hier nichts Imposanteres… Leider erwischten wir einen der heißesten Tage des Jahres, nur morgens und spät abends hatte es weniger als 30°. Knapp 15 Stunden in Bewegung hatte ich hier. Die Gesamtdauer von exakt 19 Stunden aufgrund vieler Pausen wegen der Hitze und kaum Schatten macht dieses Event zu meiner „längsten“ Veranstaltung.

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Team Wattfabrik: Wie lange hast Du bei deinem Festive 500 Ride pausiert? Wie oft bist Du abgestiegen?

Simon Matros: Gesamtzeit der Aktivität betrug 15:54 Stunden, Zeit in Bewegung waren 14:09 Stunden. Ich habe also gut 1,5 Stunden Pause gemacht. Kurze Pinkelpausen habe ich öfter gemacht, das ging auch ziemlich gut. Coco Cadence ist Tempus Fugit gefahren, sodass ich etwa einen Kilometer vom Turnaround schon umgedreht bin, und dann knapp 2 Minuten Zeit hatte, bis sie wieder da war. Längere Pausen habe ich drei gemacht, wann genau die waren, kann ich leider nicht mehr sagen. Ich meine, die erste war in etwa bei 180km, die Zweite bei 320km und die Dritte bei 420km. Nach der zweiten Pause bei etwa 320km habe ich dann auch den Pace Partner gewechselt, denn mit Coco konnte ich nicht mehr mithalten, die Beine waren einfach zu schwer. Es ging dann also mit Herrn Diesel weiter. In den Pausen habe ich mich etwas hingelegt und ein paar Dehnübungen gemacht, da vor allem der Nacken doch recht steif wurde. Essen und Ähnliches habe ich immer auf dem Rad gemacht. 

 Team Wattfabrik: Ab wann wurde es zäh und zu einer Quälerei?

Simon Matros: Spätestens als ich den Pace-Partner wechseln musste, also nach gut 300km, habe ich gemerkt, dass das ganz schön anstrengend ist. Die Trittfrequenz ging auch immer weiter runter, sodass ich neben Gesäßschmerzen auch leichte Knieschmerzen bekam. Die 1,5 W/kg waren dann gerade so richtig, um sich weiter zu schleppen. Vom Kopf her fand ich es in der ersten Hälfte schlimmer, sobald man sich sagen konnte, dass man schon mehr als die Hälfte hat, ging es zumindest mental einfacher.

Team Wattfabrik: Wie oft und wann wolltest Du aufhören und warum hast Du es letztlich nicht gemacht?

Simon Matros: Ich wollte einmal aufhören. Das war, als ich die 500km voll hatte. Ich bin ein sehr ehrgeiziger (manchmal passt dickköpfig besser als ehrgeizig) Mensch und vor allem Sportler, sodass Aufgeben eigentlich nie in Frage gekommen ist. Vom gescheiterten Everesting-Versuch 2020 wusste ich ja, wie mich das ärgern würde, und dass ich nicht ruhig schlafen könnte, bis ich es doch einmal geschafft habe. Zähne zusammenbeißen, Kämpfen und Durchziehen, das kann ich. Außerdem hatte ich die ganze Zeit über super Unterstützung. Markus aus der WattFabrik saß fast zeitgleich mit mir auf dem Rad, auch bei Coco. Die ersten 150km gingen mit Discord ruck zuck um, zwischenzeitlich war auch Jan mit dabei. Meine Freundin fuhr einige Stunden neben mir auf ihrer Rolle mit, morgens über 100km und abends noch einmal 50km. Ich führte einige Videotelefonate und ein Teil der Verwandtschaft schaute auch vorbei, es war schließlich der erste Weihnachtsfeiertag.

Team Wattfabrik: Würdest Du so einen Ride noch mal machen? 

Simon Matros: Ja! Da brauche ich gar nicht lange überlegen. Je verrückter desto besser! Ich bin immer für so „bescheuerte“ Ideen zu haben!

Team Wattfabrik: Was sagt Dein direktes Umfeld dazu?

Simon Matros: Als Feedback erhielt ich eigentlich immer eine Mischung aus Respekt und Skepsis. Das klang meist so: „Beeindruckende Leistung, aber warum zur Hölle macht man sowas?“ 

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(Carsten Wiepking)