Ist es möglich ein Rennrad so modular aufzubauen, dass man es mit wenig Zeitaufwand in ein TT Bike wandeln kann und dann wieder zurück? Jan Ole Kording vom Team WattFabrik sucht immer wieder neue Herausforderungen und bastelt gerne. Darüber hinaus hat er auch die Nerven, seinem Rad einfach mal mit der Spraydose zu Leibe zu rücken. Hier sein Bericht.
Aufbau:
- Rahmen Velobuild vb-r168
- Flaschenhalter Velobuild Carbon
- Sattel SAN MARCO Aspide Superleggera
- Laufräder Elite Wheels Modell ENT Front 50 und 88mm Hinten 60, 88mm und Scheibe
- Ultegra Di2
- Shimano Di2 Batterie intern 2017 BT-DN110-A
- Shimano Di2 Verteiler intern SM-JC41
- Shimano Di2 Wireless Unit EW-WU111
- Shimano Di2 Junction Box EW-RS910
- Shimano Di2 Ultegra Schaltwerk RD-R8050-SS
- Shimano Di2 Ultegra Umwerfer FD-R8050
- Shimano Di2 USB-Ladegerät SM-BCR2
- Shimano Steps Schalter Rechts/Links SW-E6000
- Shimano Di2 Kabel EWSD50L (unterschiedliche Längen)
- Shimano Ultegra Bremsscheibe SM-RT800 140mm SM-RT-800SS
- Shimano Ultegra Bremsscheibe SM-RT800 160mm SM-RT-800S
- Shimano Scheibenbremsadapter für 160 mm Scheibe SM-MA-F160P/S
- Shimano Ultegra Kassette CS-R8000 - 11-fach - 11-28 (für 88mm) CS-R8000-002 11-30(für 60mm) und 11-25 (für Scheibe)
- Shimano Ultegra Kettenblatt groß 52 Zähne FC-R8000
- Shimano Ultegra Kettenblatt klein 36 Zähne FC-R8000
- Shimano Ultegra STI 2x11-fach ST-r8070-l
- Shimano Ultegra STI 2x11-fach ST-r8070-r
- Shimano Ultegra Scheibenbremssattel - vorn BR-R8070
- Shimano Ultegra Scheibenbremssattel - hinten BR-R8070
- Shimano Ultegra Kette CN-HG701-11KMC Kette rot/schwarz X-11 SL DLC Super Light
- Shimano Ultegra Tretlager BB86 SM-BB7241B
- Shimano Ultegra SPD-SL Pedalsatz PD-R8000
- Powermeter Power2Max NGeco
- Lenkerband Supacaz Super Sticky Kush Star Fade
- Oversized Pully Wheel mit 13 und 17 Zähnen
TT-Parts
- EC90 TT-Sattel
- Zipp Vuka Lenker
- Zipp Vuka Auflieger
- Shimano Dura Ace Bremshebel ST-R9180-L
- PRO Vorbau LT MTB 31,8 mm | 0° 50 mm
Entstanden ist die Idee im Jahr 2021. Ich habe mir 2020 ein Rad komplett selber aufgebaut. Damals noch in den Farben Blau und Schwarz. Nachdem die Teamfarben der WattFabrik auf Rot und Schwarz festgelegt wurden, war ein Rad mit blau-schwarzem Rahmen zu fahren ein NO GO!
Also, umlackieren auf Rot-Schwarz mit Spray.Bike Sprühlack in den Farben Keirin Flake red, Hiytoric coventry red, London whitechapel und zum Abschluss Frame builders clear. Dabei habe ich direkt auf den vorhandenen Matten Lack gesprüht. Erstes Ergebnis: nicht perfekt, aber ok.
Im Nachhinein stellt sich das aber als "Fehler" bzw. nicht gut geeignet heraus. Der Lack geht an einigen Stellen ab. Daher ist noch die Idee im Kopf den Rahmen evtl. bei einem Profi neu lackieren zu lassen. Ist aber preisintensiv. Da bekomme ich zu dem Preis im Prinzip den Rahmen neu und lackiert aus Fernost.
Beim Aufbau habe ich meine Di2-Schaltung bereits modifiziert. Mittels Schalter aus dem e-BikeSektor, dem Shimano STEPS SW E6000, konnte ich mir Sprintschalter und Schalter unter dem Oberlenker installieren. Dazu habe ich den Schalter komplett demontiert um an die Platine zu kommen. An die Platine habe ich dann Kabel mit Mikroschalter (Sprint) https://www.amazon.de/gp/product/B082ZL867J/ref=ppx_yo_dt_b_search_asin_title?ie=UTF8&psc=1 und den Membranschalter (Oberlenker) https://i.ebayimg.com/images/g/dUgAAOSwjXRXcQLn/s-l140.jpg gelötet und die Membranschalter möglichst klein zugeschnitten. Durch die Verwendung des Schalters hatte ich somit sogar einen dritten Di2-Schaltpunkt, den ich zum Durchblättern des Garmins verwende. Für die Sprintschalter habe ich mit einem Bekannten einen Halter für den 3D-Druck konstruiert und gedruckt.
Ebenso habe ich das Schaltwerk mit einem Oversized Pulley ausgestattet. Die Zahnräder waren zu Beginn passend zur Lackierung in Blau, danach natürlich rot.
Das Lenkerband habe ich an Peter Sagans Girorad https://cdn.mos.cms.futurecdn.net/7tzGkUkznMEfCEg7XK9CG-970-80.jpeg.webp gesehen. Allerdings ist das scheinbar eine Sonderanfertigung oder Sonderwicklung, da das Band vom Barend mit vielen Prints zur Lenkermitte hin weniger wird. Das kaufbare Lenkerband ist genau andersrum. Daher habe ich das Lenkerband durchgeschnitten und in zwei Schritten gewickelt. Zuerst wieder passend in Blau dann in rot.
Beim Bikefitting bei Basti Schünke https://www.bastianschuenke.de/ hat sich herausgestellt, dass ich einen anderen Lenker mit kürzerem Vorbau benötige. Daher habe ich diesen besorgt und getauscht. Der Lenker musste also neu verkabelt werden.
Dann entstand die Idee des modularen Race-TT-Bikes. Ist es möglich ein Rennrad so modular aufzubauen, dass man es mit wenig Zeitaufwand in ein TT Bike umwandeln kann und dann wieder zurück?
Ich habe wieder nach Teilen und Möglichkeiten gesucht. Das sollte doch irgendwie gehen...
Ich habe mir eine zweite Sattelstütze besorgt. Aufgrund der Aerostütze geht natürlich nur das Original bzw. ich habe keine Alternative gefunden. Die Sattelstütze gibt es nur in einer Ausführung mit Setback und nicht in neutral geschweige denn nach vorne gekröpft. Daher habe ich auch hier wieder eine Sonderlösung suchen müssen. Aber das war nicht schwer, da ich bei meinem Rollenrad ein ähnliches "Problem" hatte. Hierfür hatte ich bereits ein Teil (Seatpost-Optimizer von Alois Leichmann), was für TT-Bikes konzipiert wurde. Das Teil wird aber nicht mehr hergestellt, daher gut, dass ich es schon hatte. Für das Rollenrad habe ich eine andere unschöne Lösung https://m.media-amazon.com/images/I/51lqokdQqML._AC_SL1500_.jpg.
Damit war der Sitzbereich schon einmal modular. Ich habe mir eine zweite Sattelstütze gekauft, weil ich so immer die Einstellung vom Bikefitting schnell wieder einstellen kann. Eine Höhenmarkierung an beiden Sattelstützen hilft.
Dann folgte der komplexe Teil, das Cockpit:
Da ich Hydraulikbremsen verwende, war der Umbau grundsätzlich realisierbar. Ich verwende hier zum einen eine Hydraulikleitung aus dem MTB-Bereich der Firma Jagwire (Modell: Mountain Pro Hydraulic Hose), die für das schnelle Austauschen der Bremsen konzipiert ist. Hier gibt es eine Schraube und an der Hydraulikleitung eine Mutter. Da das Rad zudem eine integrierte Kabelführung hat, habe ich die Bremsleitung nach dem Lenker gekappt und auf dem Leitungsende des Lenkers jeweils eine Hydraulikkupplung eingebaut https://www.bike-onlineshop.de/bike_de/prodpic/TRP-Bremsleitungs-Kopplung-Hydraulik-fuer-5-5mm-15732104_b_0.JPG. Auf der zweiten Seite ist der Adapter von Jagwire angebaut, der normalerweise in der Bremse montiert wird. So kann ich jederzeit die Leitung trennen und den jeweiligen Lenker verbinden. Das Di2 Kabel habe ich ebenfalls an der Stelle gekappt und von einem anderen Kabel den Steckerteil angebracht, da die Leitungs- und Kabelverlegung im normalen Rennradlenker sehr aufwändig bzw. fast unmöglich ist. Das hat mir etwas Nerven gespart. Damit war das normale Rennrad soweit vorbereitet. Also TT-Cockpit bauen.
Lenker und Auflieger waren schnell besorgt. Auch die weiteren Teile wie Garminhalterung von 76 Projekt https://derbaranski.shop/collections/beliebte-artikel/products/tt-mount-2-0-von-76-projects-computerhalter-fur-garmin-oder-wahoo, TT-Enterhaken von der Baranski https://derbaranski.shop/collections/beliebte-artikel/products/baranskis-enterhaken-2-0-fur-aero-lenker, die Junctionbox und die Di2Schalter wurden schnell bestellt und geliefert. Auch hier hatte ich wieder die Idee der zusätzlichen Schaltmöglichkeit für den Garmin. Da es im Hydraulikbereich von Shimano nur die Dura Ace Bremsgriffe gibt, musste ich tief in die Tasche greifen. Die erste Idee, über die Serie Metrea zu gehen, stellte sich leider als inkompatibel heraus.
Den Lenker habe ich soweit vorbereitet und verkabelt. Wie schon erwähnt, habe ich wieder den Di2-Schalter zerlegt und Kabel angelötet. Diesmal habe ich einen Membranschalter an den linken Bremsgriff und an das linke Barend gelegt (Durchschalten des Garmins) sowie aus Stuhlrohrendstopfen https://www.amazon.de/gp/product/B08VH57SMZ/ref=ppx_yo_dt_b_search_asin_title?ie=UTF8&psc=1 und den sich bewährten Mikroschalter für die Barends Schalter gebastelt.
Dann war da noch die Frage des Vorbaus mit integrierter Kabelführung. Nach etwas Suchen bin ich auf ein paar Hersteller und Modelle gestoßen, die es möglich machen sollten. Allerdings brauchte ich einen möglichst kurzen 50mm Vorbau. Das schränkte mich dann auf einen Hersteller und 3 Modelle ein. Diese sollten Ende 2022 auf den Markt kommen. Ihr ahnt es schon: sie kamen aber nicht bzw. der Lieferzeitpunkt wurde immer wieder hinausgeschoben. Dann kam mir die glorreiche Idee, die separaten Spacer des TT vorne aufschneiden und einen "normalen" 50er Vorbau zu verwenden. Gesagt, getan.
Spacer für den Auflieger (Höherlegung) gab es von Zipp nicht bzw. waren exorbitant teuer. Daher habe ich eine Alternative von Deda https://www.amazon.de/gp/product/B0764DYH29/ref=ppx_yo_dt_b_search_asin_title?ie=UTF8&psc=1 gefunden, die vom Lochabstand zu passen schienen. Diese musste ich allerdings einen mm aufbohren, da die Schrauben von Zipp etwas dicker sind. Letztendlich ist aber nur der Kleinste verbaut worden.
Damit war der Umbau abgeschlossen und es könnte eigentlich zum Bikefitting gehen. Aber ein TT braucht auch TT Laufräder. Daher hatte ich schon frühzeitig 88mm Laufräder besorgt. Schön und gut, aber eine Scheibe wäre noch das Nonplusultra. Gekauft!
Scheibe nur in Schwarz? Man hätte Fläche zum Bekleben. Hier kam der Edelhelfer ins Spiel. Wie wäre es, wenn man da das WattFabrik-Logo, den „Blitzrider“ draufmacht? Prompt bekam ich ein Beispielbild (danke Roman!) und ich habe mich verliebt. Also Aufkleber von https://www.fahrradaufkleber.shop/ besorgt und in dem Zuge gleich auch für die Laufräder jeweils ein WattFabrik-Schriftzug pro Seite.
Der Prozess dauerte etwas, da unsere Vorgaben nicht auf Anhieb richtig umgesetzt worden sind. Die Laufräder benötigten dann noch etwas Bearbeitung, da auf jeder Seite jeweils zwei Herstellerlogos waren. Eines musste auf jeder Seite für die WattFabrik weichen. Die neuen Aufkleber aufzubringen ging wunderbar. Somit war jetzt endgültig der Deckel drauf (welch schönes Wortspiel) und es konnte zum Bikefitting gehen. Vorher gab es allerdings schon eine kleine Testfahrt.
An dieser Stelle geht nochmal einen großen Dank an Basti Schünke. Es ist einfach immer wieder wunderbar bei dir! Nach der folgenden Ausfahrt mit Erwin kann ich sagen, dass die Änderungen in den Einstellungen das i-Tüpfelchen waren und mir die gewünschte Sicherheit im Auflieger gebracht haben. Wir haben den Sattel ca. 1cm tiefer und die Auflieger weiter auseinander und niedriger eingestellt.
Alle Laufräder wurden mit Continental GP-5000 Tubless aufgebaut.
Damit ist das Projekt erstmal abgeschlossen. Wie bereits erwähnt gibt es insbesondere bei der Lackierung noch Potential aber mit der technischen Umsetzung bin ich schon sehr zufrieden. Die im ersten Absatz gestellte Frage kann ich für mich mit ja beantworten. Technisch lässt sich so ein Hybrid Rad umsetzen und das Bike -Fitting sorgt dafür, dass es für mich auch passt.
Der Umbau vom TT auf Rennrad dauert ungefähr knapp eine Stunde. Im Detail:
Sattelstütze tauschen 2:30 min
Radwechsel hinten 2:30 min
TT-Lemmer demontieren 6:30 min
Lenker montieren 16:30 min
Entlüften 28:00 min
Text & Fotos: Jan Ole Kording